Arztstrafrecht Gesundheitswesen

Strafverteidigung im Arztstrafrecht und Strafrecht im Gesundheitswesen

Unsere Auftraggeber sind Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Vorstände, Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter von Krankenkassen und Unternehmen im Pflegebereich. Strafverteidigung im Gesundheitswesen nimmt eine besondere Stelle in unserer Arbeit ein.

Unsere Erfahrung ist in vielen Verfahren gewachsen, die so unterschiedliche Thematiken wie Behandlungsfehler von Krankenhausärzten und niedergelassenen Ärzten und unkorrekte Abrechnungen betrafen, um nur Beispiele zu nennen. Außerdem haben wir in großen Verfahren gearbeitet, die Abrechnungsbetrug betrafen und strafrechtliche Aspekte der Arzneimittelwerbung, des Pharmagroßhandels und der Versandhandelsapotheke und die parallelen steuerstrafrechtlichen Verfahren.

Die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung wegen beruflicher Fehlleistungen besteht praktisch in allen Berufen. Wenn manche schon behauptet haben, sie stünde aber in der Medizin "als ständige Bedrohung wie ein Damoklesschwert über jeder Tätigkeit", dann ist das maßlos übertrieben. 

Ebenso verfehlt ist es, den Staatsanwaltschaften ab irgendeinem Zeitpunkt "blinden Verfolgungseifer" zu unterstellen. Die Bedrohlichkeit liegt woanders. 

Wenn im Gesundheitswesen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, muss man sehen, dass hier das Arsenal möglicher Sanktionen deutlich größer ist als in anderen Berufszweigen. Das gilt vor allem für die verkammerten Ärzte, Apotheker und Zahnärzte, aber auch für Selbständige und leitende Angestellte in Pflegeberufen.

Neben der rein strafrechtlichen Verteidigung muss die Verteidigungsstrategie die berufs- und vertragsärztlichen Folgen einbeziehen. Die Verteidigung insgesamt erfordert die gleichzeitige Versorgung verschiedener Verfahren, nämlich

  • Strafverfahren
  • Disziplinarverfahren der KV oder KZV
  • Entziehungsverfahren der KV oder KZV
  • Approbationsverfahren
  • Heilberufsgerichtliches Verfahren
  • Honorarberichtigung

Die verschiedenen Verfahren sind - wie ganz deutlich bei Disziplinarmaßnahme und Entziehungsverfahren - dabei (auch über den rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) miteinander verknüpft, so dass z.B. die noch ausreichende Disziplinarmaßnahme die vertragsärztliche Zulassungsentziehung erübrigen kann.

Das Strafverfahren ist aber zuerst der Dreh- und Angelpunkt für die möglichen weiteren Folgen. Bei einer Verurteilung im Strafverfahren (auch durch Strafbefehl) muß der Betroffene mit der Einleitung der verschiedenen Verfahren rechnen, bei Einstellungen des Strafverfahrens wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO) oder gegen Auflagen (§ 153 a StPO) jedenfalls immer noch mit einem Disziplinarverfahren.

Wechselseitige Abhängigkeiten können im Arztstrafrecht darüber hinaus auch zu zivilrechtlichen Arzthaftungsprozessen bestehen, wenn die Strafanzeige dazu dient, ein Zivilverfahren strategisch vorzubereiten oder zu unterstützen oder wenn auch nur deutlich wird, dass das Arztstrafverfahren für Patienten und Hinterbliebene die gesuchte Möglichkeit einer persönlichen Auseinandersetzung mit der ärztlichen Behandlung darstellt.

Straftaten im Gesundheitswesen umfassen ein breites Spektrum, das Arztstrafrecht im engeren Sinne z.B. die Vorwürfe

  • fahrlässige Körperverletzung und Tötung durch Behandlungsfehler,
  • medizinisch nicht indizierte Maßnahmen,
  • unterlassene Hilfeleistung,
  • Sterbehilfe,
  • Verstöße gegen ärztliche Schweigepflicht,
  • strafbares Verschreiben von
  • Betäubungsmitteln u.a..

Gerade im Bereich des klassischen Arztstrafrechts haben wir die Erfahrung gemacht, dass Beschuldigte - was gut nachvollziehbar ist - den Drang haben, sich nach Bekanntwerden des Vorwurfs gegenüber jedermann und insbesondere auch gegenüber dem Patienten frühestmöglich zu rechtfertigen. 

Hinzu kommt die von der Haftpflichtversicherung eingeforderte Obliegenheit zur zeitnahen wahrheitsgemäßen Sachverhaltsdarstellung. Erklärungen gegenüber Dritten oder gegenüber der Haftpflichtversicherung sind aber im Strafverfahren verwertbar, so dass der Beschuldigte von der ersten Stunde an seine Äußerungen unter die Regie einer umfassenden Verteidigungsstrategie stellen sollte.
 
Neben dem klassischen Arztstrafrecht wird das Gesundheitswesen aber auch mit dem Betrugs-, Untreue- und Korruptionsstrafrecht konfrontiert, wo nämlich Abrechnungsbetrug, strafbare Untreue im Rahmen vertraglicher Leistungserbringung und Korruption medizinischer Entscheidungsträger in Frage stehen, also Straftaten, die dem Wirtschaftsstrafrecht zugeordnet werden. 

Die Verteidigung eines Beschuldigten im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts muss sich u.U. auch darauf einstellen, dass ein Staatsanwalt bei ungeschicktem Verhalten eines Beschuldigten einen Haftbefehl beantragt, und deshalb im Sinne haftvermeidender Strategie beraten.

Abrechnungsfehler insbesondere ...

Verzeihliche Abrechnungsfehler können passieren, auch im Gesundheitswesen, in Krankenhäusern, bei Physiotherapeuten und Pflegediensten genauso wie bei Apothekern, Ärzten oder Zahnärzten. Strafbarer Abrechnungsbetrug ist so etwas aber nicht zwangsläufig, auch nicht bei sich wiederholenden gleichartigen Auffälligkeiten. Und gemessen an der Gesamtzahl der praktizierenden Leistungserbringer ist die Zahl wirklich strafbarer Manipulationen sogar gering.

Bei vielen voreilig als Abrechnungsbetrug bezeichneten Vorgängen handelt es sich tatsächlich um reine Abrechnungsprobleme. Bei anderen Fällen geht es um Abgrenzungsfragen oder Irrtümer (vgl. z.B. BGH Beschl. v. 25.01.2012 - 1 StR 45/11 = Strafverteidiger 2012, 597 und BGH, Urteil vom 22. 8. 2006 - 1 StR 547/05 = Strafverteidiger StV 2006, 632), die angesichts der immer bürokratischeren Vorgaben vorgezeichnet sind und auch nicht als vorsätzliche Betrugsfälle qualifiziert werden können. Das System ist fehleranfällig und möglicherweise ist auch das mit der Abrechnung befasste Personal im Einzelfall überfordert und Fehler sind der alltäglichen Belastung und engen zeitlichen Vorgaben und einem hohen Arbeitspensum mit enormem Dokumentationsaufwand geschuldet. Strafverteidigung muss dementsprechend ins Detail gehen, wenn trotzdem der Vorwurf des Abrechnungsbetruges erhoben wird. Es liegt ja im Trend, dass die Zahl der "Hinweise" aus der Bevölkerung zunimmt.

Akribische Detailarbeit bei der Verteidigung ist auch deshalb so wichtig, weil eine strafrechtliche Verurteilung im Gesundheitswesen regelmäßig weitere Verfahren nach sich zieht. Die strafrechtliche Verurteilung schließt eine weitere berufsrechtliche Maßnahme nicht nur nicht aus, sondern erleichtert sie sogar. Symptomatisch ist der vom Verwaltungsgericht Bremen (Urt. v. 30.07.2014 - H K 660/10) im berufsgerichtlichen Verfahren entschiedene – eigentlich nicht allzu umfangreiche - Fall, in dem eine Zahnärztin bei einem von den gesetzlichen Krankenkassen behaupteten relativ überschaubaren Schaden zuerst vom Amtsgericht wegen mehrfachen Betruges zu einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde, bevor die Zahnärztekammer ihr per Rügebescheid noch einmal eine Geldbuße auferlegte. Und es kann durchaus noch schlimmer kommen: Strafrechtliche Verurteilungen wegen Abrechnungsbetruges wurden in zahlreichen Fällen als Grundlage für den Widerruf einer ärztlichen Approbation angesehen, manchmal sogar obwohl die Tatzeiträume kurz waren und nur wenige einzelne Betrugsfälle vorlagen (aus jüngerer Zeit vgl. nur Oberverwalltungsgericht Lüneburg, 8 LA 45/11; HessVGH Kassel, 7 A 37/11.Z; Bayerischer VGH München, 21 B 10.1543).

Führt aber akribische Detailarbeit der Verteidigung zur Einstellung des Strafverfahrens, dann schlägt das erfahrungsgemäß auch sofort auf die berufsrechtlichen Folgeverfahren durch. Ansatzpunkt erfolgreicher Strafverteidigung kann übrigens auch die von der Rechtsprechung oft problematisierte besondere Schadensberechnung im Gesundheitswesen sein (vgl. ganz aktuell dazu BGH Strafverteidiger 2014, 78; und früher BGH, Urteil vom 14.12.1989 - 4 StR 419/89 = Strafverteidiger 1990,151). Dass die Einstellung des Strafverfahrens vor einer Verurteilung die Weichen auch für das berufsgerichtliche Verfahren richtig stellt, ist ohne weiteres verständlich, wenn man bedenkt, dass das berufsgerichtliche Verfahren dann in Ermangelung eines Strafurteils gar nicht wie gewohnt auf einem vom Strafgericht bereits rechtskräftig festgestellten Sachverhalt aufbauen kann. Das befördert nach meiner Erfahrung die Neigung, auch das berufsgerichtliche Verfahren einzustellen, weil dort oft die ganze Arbeit der Beweisführung kaum geleistet werden kann.

Zu den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes siehe auch BGH 1 StR 45/11 - Beschluss vom 25. Januar 2012 - LG München I = Strafverteidiger 2012, 597.

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