Arrest Beschlagnahme

Strafverteidigung gegen Arrest, Beschlagnahme, Verfall, Einziehung

Wir haben beträchtliche Erfahrung mit Arresten und  Beschlagnahmen. Die Anordnung von Sicherstellungen durch Beschlagnahmen (§ 111b StPO) oder dingliche Arreste nach § 111d StPO – manchmal auch ohne Vorliegen belastbarer Beweise - ist in Ermittlungsverfahren mittlerweile gängige Praxis geworden, jedenfalls im Wirtschaftsstrafrecht.

Obwohl die Gesetzessystematik der Vermögensabschöpfung immer noch als kompliziert gilt, stellt man bei den Ermittlungsbehörden heute sicher keine Beißhemmungen mehr fest, wenn es um Beschlagnahmen und dingliche Arreste geht. In den letzten Jahren wurden die Behörden geradezu dafür aufgerüstet, es gab spezielle Fortbildungen für Ermittlungsbeamte, es wurden besondere Ermittlungsstellen bei der Polizei ausgebaut und bei den Staatsanwaltschaften haben wir mit Sonderdezernate zu tun.

Nur vorläufige Sicherstellung - Vom Prinzip her soll es sich bei der Arrestierung um vorläufige Sicherstellung handeln, für den betroffenen Beschuldigten kann die monatelange Arrestierung seines Vermögens oft aber schon das endgültige wirtschaftliche "Aus" bedeuten. Selbst ein nur kurzfristiges "Einfrieren" der Finanzmittel zeitigt meist erhebliche finanzielle Nachteile.

Strafverteidigung muß im Einzelfall verdeutlichen, daß es um einen vollstreckungssichernden Zugriff bezüglich eines nur möglicherweise (!) deliktisch erlangten Vermögens geht und daß Gerichte deshalb den Anträgen der Staatsanwaltschaft nicht folgen dürfen, ohne gewissenhaft zu prüfen, ob überhaupt ein Arrestanspruch und ein Arrestgrund vorliegen. Der dingliche Arrest darf nur angeordnet werden, wenn ein Arrestgrund vorliegt. Dieser ist nach § 111d Abs. 2 StPO i.V.m. § 917 Abs. 1 ZPO nur dann gegeben, "wenn zu besorgen ist, daß ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert würde." Es müssen immer Gründe für die Annahme vorliegen, daß ohne die Anordnung des dinglichen Arrestes der Vollzug einer später im Erkenntnisverfahren ausgesprochenen Maßnahme - wie Verfall, Einziehung von Geldersatz, Geldstrafe oder Kosten des Strafverfahrens - vereitelt wird. Strafverteidigung muß sich hier energisch gegen Pauschalbegründungen wehren.

Untaugliche Begründungsansätze - Um nur zwei untaugliche Begründungsansätze zu nennen, die man trotzdem immer wieder in Arrestbeschlüssen liest: Die bestehenden schlechten Vermögensverhältnisse des Betroffenen begründen entgegen anderer Annahme keinen Arrestgrund (OLG Frankfurt, Strafverteidiger 1994, 234; LG München I, Strafverteidiger 2001, 107) und auch nicht die Tatsache, daß die zu ermittelnde Straftat gegen fremdes Vermögen gerichtet war (BGH WM 1975, 641; OLG Zweibrücken, Strafverteidiger Forum 2009, 462). Trotz ausgeprägter höchstrichterlicher Rechtsprechung findet man nach wie vor in Arrestbeschlüssen Leerformeln im Hinblick auf den Verdachtsgrad und den Arrestgrund, die der Strafverteidiger nicht akzeptieren darf.

Jeder Arrest stellt einen gravierenden Eingriff in das verfassungsrechtlich verbürgte Eigentumsrecht dar. Deshalb besteht für den Betroffenen sogar die Möglichkeit, hiergegen im Wege der Verfassungsbeschwerde vorzugehen, was aber - und der Statistik kann man trauen - praktisch in den seltensten Fällen hilft.

Amtshaftungsansprüche - Etwas naheliegender ist, daß der zu unrecht vollzogene Arrest erhebliche Schadenersatz- oder Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen kann, weshalb der Betroffene die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung betreiben sollte.

Beschwerde nach § 304 ZPO - Das eigentlich erfolgversprechende Rechtsmittel ist aber die Beschwerde nach § 304 ZPO oder bei einer staatsanwaltliche Arrestanordnung die in § 111 Abs. 2 Satz 3 StPO gegebene Möglichkeit, "jederzeit die richterliche Entscheidung" zu beantragen. Eine sorgfältig formulierte Beschwerdebegründung, die Leerformeln aufdeckt und die einschlägige Rechtsprechung an der richtigen Stelle zitiert, kann viel bewegen, bevor auf der Grundlage eines einfachen Anfangsverdachts für einen langen Zeitraum sämtliches Vermögen des Betroffenen eingefroren wird. Der durch den Richter oder die Staatsanwaltschaft angeordnete dingliche Arrest kann durch die Pfändung beweglicher Sachen oder die Eintragung einer Sicherungshypothek bei Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten vollzogen werden.

Wurde der Arrestbefehl bereits vollzogen, so besteht außer der Beschwerde - das Vorhandensein entsprechender Mittel vorausgesetzt - die Möglichkeit, die Aufhebung der bereits durchgeführten Pfändung durch Hinterlegung des in dem Arrestgesuch festgelegten Geldbetrages nach § 111d Abs. 2 StPO i.V.m. § 934 Abs. 1 ZPO zu bewirken.

Kontopfändung im Strafverfahren

OLG Nürnberg bestätigt Aufhebung eines Arrestbeschlusses

Die Strafverteidigung gegen Kontopfändungen basiert auf dem in § 111d Abs. 2 StPO enthaltenen Verweis auf zivilrechtliche Vorschriften, insbesondere auf § 917 Abs. 1 StPO. Damit wird nämlich festgelegt, daß der dingliche Arrest auch im Strafverfahren nur angeordnet werden darf, wenn ein Arrestgrund gegeben ist, nämlich wenn zu besorgen ist, daß ohne Kontopfändung die Vollstreckung einer späteren Gerichtsentscheidung vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Mit anderen Worten: Der Verdächtige muß für die Kontopfändung außer dem Tatverdacht noch einen triftigen Grund geliefert haben, der ihm anhand konkreter Umstände nachzuweisen ist. Anzumerken ist als Exkurs, daß über den Verweis auf die ZPO auch die Möglichkeit zur Abwendung des Arrestvollzuges durch Einzahlung einer Lösungssumme eröffnet wird.

Das OLG Nürnberg (Beschl. v. 16.04.2013, 2 Ws 533/12, 2 Ws 10/13, 2 Ws 11/13) hat in einer ausführlich begründeten Entscheidung das Erfordernis des Arrestgrundes im Strafverfahren betont und herausgestellt, daß vom tatsächlichen Vorliegen eines Arrestgrundes auch dann nicht unbedingt auszugehen ist, wenn dem Verdächtigen eine gegen das Vermögen des Geschädigten gerichtete Straftat zur Last gelegt wird. Eine solcher Tatvorwurf soll allenfalls ein Indiz darstellen, dem aber noch nicht mal die Wirkung einer schon bestehenden Vermutung zukommt.

Nach § 917 Abs. 1 ZPO setzt der dingliche Arrest in jedem Fall voraus, daß nach objektiven Maßstäben eine Vereitelung oder die wesentliche Erschwerung der Vollstreckung des späteren möglichen Urteils zu besorgen ist. Hierfür sind konkrete Anhaltspunkte oder Umstände erforderlich, nicht bloße Vermutungen. Einen Verdacht begründende Tatsachen können sich zwar aus der Person des Verdächtigen, seinem Verhalten in der Vergangenheit und insbesondere nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens ergeben, u. U. auch aus seinem sozialem Umfeld oder auch der Herkunft der Geldmittel. Belastend wirkt auch, daß der Verdächtige nachweislich Fluchtvorbereitungen trifft oder seine Vermögensverhältnisse verschleiert oder Vermögenswerte im Inland versteckt oder ins Ausland transferiert.

Nur allein eine gegen fremdes Vermögen gerichtete strafbare Handlung rechtfertigt eine solche Besorgnis nicht, dass die Vollstreckung des später möglichen Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Erforderlich ist in jedem Einzelfall eine Prüfung unter Abwägung der vorgeworfenen Tat und aller sonstigen Umstände.

Kontopfändungen im Ermittlungsverfahren können deshalb überhaupt nur bei strikter Beachtung aller gesetzlichen Voraussetzungen gerechtfertigt sein. Liegen diese nicht oder nicht mehr vor, dann muß die Kontopfändung wieder aufgehoben werden.

Das OLG Köln (Beschluß v. 10.09.2013, 2 Ws 311/13) hat entschieden, daß insbesondere eine unzureichende Verfahrensförderung durch die Strafverfolgungsbehörden bzw. die zuständige Strafkammer zur Aufhebung eines dinglichen Arrestes gem. §§ 111b, 111d StPO wegen Unverhältnismäßigkeit führen muß. Insbesondere darf der rechtskräftige Abschluß eines Strafverfahrens nicht durch Umstände unnötig verzögert werden, die aus der Sphäre des Staates kommen. Sonst würde eine sachlich nicht mehr zu rechtfertigende unverhältnismäßige Belastung des Betroffenen entstehen.

Vorher hatte das Landgericht Köln die Arrestbeschlüsse des Amtsgerichts aufgehoben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde vom OLG verworfen. Das OLG Köln verwies auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach das Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Vermögenswerten im Strafverfahren (§§ 111b ff. StPO) eben nicht bedeutet, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hier nicht gelten würde. Im Gegenteil muß sogar eine besonders sorgfältige Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen, wenn im Wege vorläufiger Sicherungsmaßnahmen das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen des Verdächtigen arrestiert worden ist. Gerade dann darf der rechtskräftige Abschluß des Strafverfahrens nicht durch Umstände unnötig verzögert werden, die aus der Sphäre des Staates kommen.

Im konkreten Fall hatte die zuständige Wirtschaftstrafkammer des Landgerichts das Verfahren seit Eingang der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bereits über neun Monate nicht gefördert. Die Strafkammer gab dafür ihre Belastungssituation an, mit der ich das OLG im einzelnen auseinandersetzte.

Die Strafverteidigung kennt eine Reihe von materiellen Einwänden gegen Arrestbeschlüsse nach § 111b Abs. 2 i.V.m. § 111d StPO, die sich auch auf den Tatverdacht beziehen, zumal das Bundesverfassungsgericht auch die Intensität des Tatverdachts in die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Zwangsmaßnahmen im Strafprozeß mit einbezieht. Bei einem niedrigen Verdachtsgrad kann ein Arrest nach § 111d StPO nicht lange aufrechterhalten werden.

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