Kinderpornographie bei Beamten

Der Besitz von Kinderpornografie muss bei Beamten nicht zwingend zu vorläufiger Dienstenthebung und Einbehaltung von Dienstbezügen führen.

Das OVG Münster (Beschl. v. 17.11.2016 - 3d B 547/16.O) hält solche Maßnahmen nur für begründet, wenn ein enger beruflicher Bezug zwischen dem Straftatbestand und dem Beruf des Betroffenen besteht (u.a. bei Lehrern). In die Richtung geht auch die bisherige Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228).

Gleichzeitig kommt das OVG Münster (Beschl. v. 17.11.2016 - 3d B 547/16.O) in der konkreten Entscheidung zu dem Schluss, dass es bei summarischer Prüfung unter Zugrundelegung des vorläufigen Erkenntnisstandes auch nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Antragsteller im Disziplinarverfahren letztendlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird.

Generell gilt, dass außerdienstliches Verhalten von Beamten überhaupt nur dann disziplinarrechtlich geahndet werden kann, wenn es auch zur Beeinträchtigung des berufserforderlichen Vertrauens führen kann. Dies kann fast nur bei vorsätzlich begangenen Straftaten sowie bei Vorliegen eines Bezuges zwischen dem Pflichtenverstoß und dem Amt des Beamten in Frage kommen.

Für einzelne Berufe hat die Rechtsprechung inzwischen Vorgaben gemacht. So geht man bei Polizeibeamten davon aus, dass sie Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen haben und dass sie in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung genießen. Das hat auf der anderen Seite zur Folge, dass das zur Ausübung des Polizeidienstes erforderliche Vertrauen in besonderem Maße beeinträchtigt wird, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen.

Kinderpornografie bei Beamten - nicht unbedingt Dienstenthebung 

Der Besitz von kinderpornografischen Bild- oder Videodateien kann aber angesichts der Variationsbreite möglicher Verfehlungen nicht einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regeleinstufung zugeordnet werden. Bei Polizeibeamten ist angesichts des vorliegenden Amtsbezugs der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet (BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 – 2 C 9/14), der aber freilich nicht ausgeschöpft werden muss.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt gem. § 13 II 1 BDG ein Dienstvorgehen voraus, durch das der Beamte das Vertrauen der Allgemeinheit oder des Dienstherrn endgültig verloren hat. Das wird man bei bestimmten Straftaten im Regelfall annehmen müssen. Dazu gehören Korruptionsdelikte, die nämlich eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lassen. Gleiches gilt im Regelfall für den sexuellen Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen. Der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen wird unabhängig vom konkret verhängten Strafmaß von der Rechtsprechung als Grund für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gesehen (so. „Regeleinstufung“).

erfüllt ein Verhalten überhaupt den Straftatbestand ?

Als Rechtsanwalt habe ich in vielen Jahren nicht nur einmal die Erfahrung gemacht, dass Disziplinarbehörden vorschnell davon ausgehen, dass ein festgestelltes Verhalten - das auf den ersten Blick verdächtig erscheint -  einen Straftatbestand erfüllt.  Für den Erfolg der Strafverteidigung und der Verteidigung in Disziplinarverfahren ist es  wesentlich, gerade dem Detail Aufmerksamkeit zu schenken.  Gerade zu Beginn eines Verfahrens erfolgen oft vorschnelle Beurteilungen von Sachverhalten, die leicht zu voreiligen Suspendierungen führen, weil die Disziplinarbehörde überreagiert.

Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 11.9.2019 – 2 WD 26.18) hat z.B. im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „besitzen“ i.S.d. § 184b Abs. 4 Satz 2 und § 184c Abs. 4 Satz 1 StGB (Kinder- und Jugendpornografie) die Notwendigkeit einer präzisen Ermittlung herausgestellt. Wann „besitzt“ jemand kinderpornografische Dateien, die zwar auf einem Speichermedium im Besitz des Beschuldigten noch wiederherstellbar vorhanden sind, die aber gelöscht und in Vergessenheit geraten sind?

Richtigerweise sind „ein tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und einen Besitzwillen vorauszusezten, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten (vgl. BGH, U. v. 8.11.2016 – 1 StR 492/15, Rdnr. 48).

Bei Dateien entfällt der Besitz, wenn sie vollständig gelöscht werden (vgl. BGH, B. v. 10.10.2006 – 1 StR 430/06 und B. v. 25.9.2018 – 3 StR 113/18).

Wörtlich heißt es in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11.9.2019 – 2 WD 26.18): „Bestehen gelöschte Dateien an einem Speicherort fort, die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne Weiteres zugänglich sind, so begründet dies mangels Aufrechterhaltung eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ebenfalls keinen Besitz mehr; dies gilt selbst dann, wenn die betreffende Person über die Kenntnis und Fähigkeit verfügt, sie wiederherzustellen (vgl. BGH, B. v. 25.9.2018 – 3 StR 113/18, Rdnr. 3). Zudem kann im Fall der Löschung von Dateien der diesbezügliche Besitzwille fehlen (vgl. BGH, B. v. 25.9.2018 – 3 StR 113/18. Rdnr. 3)“.

 

 

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