Hauptverhandlung

Die Vorbereitung eines Strafverteidigers auf eine anstehende Hauptverhandlung ist in der Regel sehr viel Arbeit; genauso die Vorbereitung seines Mandanten auf die Gerichtsverhandlung.

Zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung muss sich auch der Angeklagte mit dem Ablauf vom ersten Aufruf der Sache bis zum Urteil vertraut machen. Er muss einfach wissen, was wann passiert und sich darauf einstellen können. Der Gang der Hauptverhandlung in erster Instanz ist in den §§ 243 ff. StPO festgelegt, für die Berufungsinstanz in § 324 StPO. Regelmäßig ergibt sich folgender Ablauf:

  • Die Hauptverhandlung beginn mit dem Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1 S.1 StPO).
  • Das Gericht stellt die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten fest (§ 243 Abs. 1 S.2 StPO).
  • Die Zeugen - soweit bereits für den Beginn der Verhandlung geladen - verlassen zunächst den Sitzungssaal und warten draußen (§ 243 Abs. 2 S. 1 StPO).
  • Der Angeklagte wird zur Person vernommen (§ 243 Abs. 2 S.2 StPO).
  • Es folgt die Verlesung des Anklagesatzes durch den Staatsanwalt (§ 243 Abs. 3 StPO).
  • Danach wird der Angeklagte darüber belehrt, dass es ihm freisteht, ob er sich zur Sache äußert oder nicht (§ 243 Abs. 4 StPO).
  • Wenn der Angeklagte sich äußern will, wird er jetzt vernommen, d. h. er hat zunächst Gelegenheit, die Sache im Zusammenhang zu schildern, bevor ihm Fragen gestellt werden (§ 243 Abs. 4 S.2 StPO).
  • Der Angeklagte kann stattdessen auch eine Erklärung durch seinen Verteidiger vortragen lassen.
  • Den Umfang der anschließenden Beweisaufnahme können der Angeklagte und sein Verteidiger durch Beweisanträge mitbestimmen. Die Beweisaufnahme kann u.a. beinhalten die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, Augescheinseinnahmen und Urkundenbeweise.
  • Wenn alle Beweise erhoben sind und auch nicht die Erhebung weiterer Beweise beantragt wird, stellt der Vorsitzende den Schluss der Beweisaufnahme fest.
  • Es folgen die Schlussvorträge (Plädoyers) der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, bevor der Angeklagte das "letzte Wort" hat.

Am Ende macht das Tatgericht das Urteil und darauf muss sich die Strafverteidigung einstellen, will sie nicht risikogeneigt zu Lasten des Mandanten - aber vielleicht spektakulär – mit der größtmöglichen Zahl von Anträgen den kleinen Chancen im Revisionsverfahren nachjagen, die nämlich statistisch gesehen kleiner als 3 Prozent sind. Erfolgsaussichten von kleiner als 3 Prozent können nicht die "erste Wahl" sein.

Die ungleich größeren Aussichten, zu einem richtigen Urteil zu kommen, hat die Strafverteidigung in der Tatsacheninstanz, wenn sie das Gericht überzeugen kann. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts und im Revisionsverfahren nur begrenzt darauf hin nachprüfbar, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, etwa weil die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Der Macht des Tatrichters muss man sich bei aller Konfliktfähigkeit bewußt bleiben.

In Fällen, in denen „Aussage gegen Aussage“ steht, hat der BGH besondere Anforderungen an die Darlegung einer zur Verurteilung führenden Beweiswürdigung formuliert. Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und gewürdigt hat. Also ist es Sache der Strafverteidigung, dem Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, unausweichlich darzubieten.

psychologische oder psychiatrische Begutachtung

Wenn eine psychologische oder psychiatrische Begutachtung des Mandanten im Raum steht, dann darf er sich nicht unvorbereitet auf diese Situation einlassen. Für viele Fälle gilt, dass die Weichen bereits mit der Auswahl des psychologischen oder psychiatrischen Sachverständigen gestellt werden.

Das Gericht bestimmt nach pflichtgemäßem Ermessen, wer der Sachverständige ist (§ 73 StPO: „Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter.“) und es ist kein Geheimnis, dass die Auswahl des psychologischen oder psychiatrischen Sachverständigen auch ergebnisorientiert erfolgen kann. Auch forensische Gutachter berichten, dass sie manchmal selber das Gefühl haben, dass der Gutachtenauftrag vom Gericht mit einer gewissen Erwartungshaltung verbunden wird, was das Ergebnis des Gutachtens angeht (vgl. Volbert/Dohle, Forensisch-psychologische Diagnostik, 2010 unter Berufung auf Nedopil).

Allerdings kann auch die Verteidigung eine geeignete Person als Sachverständigen vorschlagen, insbesondere wenn deren fachliche Kompetenz für die Beantwortung der zu klärenden Fragen besonders heraussticht. Und ein Angeklagter, für den die Begutachtung zwar nicht freiwillig ist, braucht mit einem weniger begabten Sachverständigen, den das Gericht gegen den Vorschlag der Verteidigung auswählt, gar nicht zu sprechen. Soweit es dann für die Beantwortung der zu klärenden Fragen auf spezifische Persönlichkeitsdispositionen ankommt, ist für den vom Gericht bestellten Sachverständigen, der nicht mit dem Probanden sprechen kann, eine gutachterliche Schlussfolgerung nur ganz eingeschränkt oder meistens gar nicht möglich.

Andererseits folgt aus der richterlichen Aufklärungspflicht gemäß §244 II StPO aber nicht nur ganz allgemein, dass ein Gericht entscheidungsrelevante Sachverhalte aufklären muss sondern insbesondere auch, dass das Gericht bei einer beweiserheblichen Frage und fehlender eigener Sachkunde einen Sachverständigen hinzuziehen muss. Die rechtzeitige Verständigung des Gerichts mit der Verteidigung auf einen Sachverständigen ist der einzig sinnvolle Weg, das sonst aus Meinungsverschiedenheiten über die Person des Gutachters resultierende erhebliche Konfliktpotenzial zu beseitigen.

Der einmal vom Gericht bestellte Sachverständige kann von der Verteidigung nur noch aus denselben Gründen abgelehnt werden wie ein Richter (§ 24 Abs. 2 StPO: „Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit ... zu rechtfertigen“).

Unabhängig davon muss der Mandant zu Beginn der Begutachtung wissen, auf waser sich einlässt. Er muss wissen, dass der Sachverständige ihn nicht berät oder gar therapeutisch behandelt und dass der Sachverständige keine Schweigepflicht hat, die ihn daran hindert, dem Gericht alles mitzuteilen, was er im Laufe der Begutachtung erfährt.

 

 

 

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