Ermittlungen in Whatsapp-Gruppen und im Darknet

In unserer Praxis gewinnen wir in den letzten Monaten den Eindruck, dass sich zahlreiche - insbesondere auch junge Leute - völlig unbedacht in relative Schwierigkeiten bringen, wenn sie über Messengerdienste in Kontakt zu Kinderpornographie oder Jugendpornographie kommen. Zahlreiche Verfahren gründen inzwischen z.B. auf dem Verdacht des Besitzes und der Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Dateien allein über den Messengerdienst „Whatsapp".

Warnung vor Strafandrohung und dauerhaften beruflichen Konsequenzen!

Angesichts der weitreichenden Konsequenzen, die ein Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie oder Jugendpornographie (§§ 184b, 184c StGB) haben kann, muss man vor unachtsamen Kontakten in Whatsapp-Gruppen deutlich warnen, selbstverständlich genauso wie vor jedem anderen Kontakt zu Kinderpornographie oder Jugendpornographie und kinderpornografischen oder jugendpornografischen Bild- oder Videodateien. Abgesehen von dem Strafverfahren kann das Ermittlungsergebnis – je nach Berufswunsch - auch die ganze berufliche Zukunft verbauen.

Ich sage das nicht, um einem Jugendlichen, der nach Bekanntwerden eines Ermittlungsverfahrens ohnehin schon schlecht schläft, hier weitreichende Folgen "an die Wand zu malen". Die Folgen einer Jugendstraftat sind in § 5 JGG geregelt und für Jugendliche und Heranwachsende meistens nur "halb so schlimm", wobei "halb so schlimm" erst einmal mit Vorsicht zu geniessen ist. Jedenfalls gelten im Jugendstrafrecht nicht die Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts (vgl. § 18 JGG) und auch für Heranwachsende, die zum ermittelten Tatzeitpunkt zwischen 18 und 21 Jahre alt waren, kann Jugendstrafrecht anwendbar sein.

Die möglichen formellen Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht sind abgestuft und auch weitaus vielfältiger als im allgemeinen Strafrecht und gehen von Erziehungsmaßregeln (§ 9–12 JGG) zu sog. "Zuchtmitteln" (§ 13–16 a JGG) bis zur Jugendstrafe (§ 17–26 a JGG). Jedenfalls - und das ist etwas beruhigender -  die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts - die seit Juli 2021 bei Besitz und Verbreiten von Kinderpornographie (§ 184b StGB) und Jugendpornographie (§ 184c StGB) erhöhte Mindeststrafen androhen - gelten für Jugendliche nicht (§ 18 I 3 JGG).

Ich habe den Eindruck, dass gerade in Chat-Gruppen der sehr spontane Umgang mit kinderpornografischen oder jugendpornografischen Bilddateien durch Jugendliche und Heranwachsende oft vollkommen unreflektiert erfolgt. - Wie groß die Entdeckungsgefahr ist, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass in den USA alle Internet-Provider gesetzlich verpflichtet sind, jede bei ihnen registrierte Bewegung von kinderpornographischen Bilddateien an die halbstaatliche Organisation "NCMEC" zu melden, die die dort eingegangen Meldungen– soweit sie Deutschland betreffen– sofort an das deutsche BKA weitergibt.

Wir beobachten jetzt auch eine Zunagme von SGEM (selbst generiertes explizites Material). Solche kinder- oder jugendpornografische Bild- oder Videodateien sind auch nach dem Europol-IOCTA-Report 2019 (Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA)) seit einigen Jahren ein wachsendes Problem, da immer mehr junge Kinder und Jugendliche explizites Material online teilen. Es zeigt sich ein erschreckend geringes Bewusstsein für die Risiken der Produktion und des Austauschs von selbst generiertem explizitem Material bei einer wachsenden Zahl von Minderjährigen, die sexuelle Bilder oder Videos mit Gleichaltrigen teilen. Kinder machen sich durch dieses Verhalten auf mehreren Ebenen angreifbar, auch im Zusammenhang mit der Online-Anwerbung durch Sexualstraftäter. Hier wäre längst eine flächendeckende strukturelle Aufklärungskampagne erforderlich.

Ruckzuck - Anfangsverdacht wegen Kinderpornografie oder Jugendpornografie

Oft entsteht ein Anfangsverdacht wegen des Besitzes von Kinderpornografie oder Jugendpornografie auch in anderen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungserfahren gegen andere Beschuldigte, in deren Verlauf Datenspeicher von anderweitig Beschuldigten ausgewertet werden und Hinweise auf Mobilfunkanschlüsse von Dritten geben. Solche Hinweise begründen einen Anfangsverdacht gegen den Dritten - den neuen Beschuldigten - und können ausreichen, um als weitere Ermittlungsmaßnahme eine Hausdurchsuchung bei dem neuen Beschuldigten zu rechtfertigen. Bei der Durchsuchung der Wohnung des neuen Beschuldigten werden jetzt dessen Mobiltelefone und sonstigen Datenträger sichergestellt und ausgewertet und die Ermittler finden möglicherweise kinderpornografische Bild- und Videodateien, die über so ge­nannte Gruppen-Chats empfangen wurden oder sogar Hinweise auf den sexuellen Missbrauch von Kindern.  „WhatsApp" z.B. verfügt über keine echte Altersverifikation, obwohl vordergründig ein Mindestalter von 16 Jahren für Nutzer gefordert wird.

Bei der Auswertung des Mobiltelefons ist es möglich, die kritischen Dateien einzelnen Whatsapp-Chats zuzuordnen und über die Telefonnummer kann der Anschlussinhaber ermittelt werden.

Ein Beschuldigter kommuniziert mit anderen Teilnehmern, die allein deswegen schon in einen Anfangsverdacht geraten. Die jeweils örtlich zuständigen Strafverfolgungsbehörden übernehmen die Sachbearbeitung in eigener Zuständigkeit und werden bereits mit den bis dahin generierten Beweismitteln ausgestattet (Daten CD, Einwohnermeldedaten, Zuordnung der Mobil­funknummer, WhatsApp-Chats etc.), so dass gleich zu Beginn des neuen Ermittlungsverfahrens schon die Grundlagen für eine Durchsuchung geschaffen sind, bei der regelmäßig alle aufgefundenen Datenspeicher beschlagnahmt und forensisch ausgewertet werden.

Rechtsanwalt zu Kinderpornographie ohne Darknet und Tor-Browser 

Wir sehen häufig staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren, bei denen es sich um Einzelvorgänge aus der „Operation NCMEC“ des Bundeskriminalamtes (BKA) handelt. In dieser Operation werden dem BKA seit 2014 Hinweise U.S.-amerikanischer Internet-Dienstanbieter auf Kinderpornographie bei deutschen Usern übersandt. Ein solcher Hinweis von dem amerikanischen NCMEC reicht in Deutschland für den "Anfangsverdacht", der die Einleitung eines Ermittlungsveffahrens ermöglicht und eine Hausdurchsuchung. Das wird ganz einfach damit begründet, dass wenn über das U.S.-amerikanische NCMEC ein Einzelfall angezeigt wurde, nach „kriminalpolizeilicher Erfahrung“ auch aktuell von einem Besitz von Kinderpornographie auszugehen ist. In einem solchen Durchsuchungsbeschluss habe ich gerade den Satz gelesen: „... ..., dass der Täter pädophile Neigungen hat und über weitere kinderpornographische Dateien verfügt.“

Die amerikanischen Internet-Dienstanbieter, die bei dem NCMEC Meldung machen, sind fast immer die allseits bekannten etablierten Provider, in den meisten Fällen gibt es überhaupt keinen Hinweis auf die Nutzung des Darknet im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Beispielsweise Google betreibt neben der Google-Suchmaschine auch Online-Dienste wie GooglePlus, GoogleMail etc., die dann in entsprechenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren auftauchen. Es gibt meistens in solchen Verfahren keinen Hinweis auf die Nutzung des Tor-Browsers und auf die Nutzung des Darknet und oft die spätere Erkenntnis, dass der Beschuldigte nur über einen Zufallskontakt gelegentlich mit Kinderpornografie in Kontakt gekommen ist.

Mit Bezug zum Darknet sind in jüngerer Zeit allerdings auch Ermittlungsverfahren wegen Besitz und Verbreiten von Kinderpornografie bekannt geworden, die aus Meldungen der britischen National Crime Agency (NCA) an das deutsche BKA  resultierten. Auch wenn die britische National Crime Agency (NCA) meldet, dass sich ein bislang unbekannter Nutzer unter Verwendung einer bestimmten IT-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt bei einer im Darknet über den Tor-Browser erreichbaren Plattform angemeldet hat, die als kinderpornographische Chat-Plattform identifiziert worden ist, reicht das bezüglich dieser IT-Adresse für die Einleitung eines deutschen Ermittlungsverfahrens und eine Hausdurchsuchung, zumal kinderpornografische Chatplattformen im Tor-Netzwerk nur über die exakte URL - meist mit der Endung .onion - erreichbar sind. Wenn dann eine Hausdurchsuchung stattfindet und Datenträger beschlagnahmt werden gilt die erste Aufmerksamkeit bei der Auswertung der Datenträger der Frage, ob Hinweise auf die Benutzung des Tor-Browsers vorliegen.

 

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