Gefährliche Vorschaubilder

"Thumbnail" (zu deutsch „Daumennagel“) bezeichnet im Internet ein Vorschaubild bzw. ein Miniaturbild, das nur der Vorschau eines größeren Bildes dient. Solche Thumbnails werden je nach Betriebssystem des Computers automatisch generiert und können dem Nutzer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einbringen, wenn es dabei um kinderpornografische (§ 184b StGB) Bilddateien geht.

Das OLG Düsseldorf (Beschl.v. 26.5.2015 - III-2 RVs 36/15) hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass dem Angeklagten der Besitz der Vorschaubilder bewusst war, dann fehlt der für die Strafbarkeit erforderliche Vorsatz.

Kein Vorsatz bei Thumbnails

Die Vorschaubilder im Cache sind oft nur eine Art „Beifang“. Man sieht öfter, dass jemand im fraglichen Zeitraum relativ wahllos pornografisches Material im Internet betrachtet hat und auf pornografischen Seiten gesurft ist und erwachsenenpornografisches Material aller Art gesucht hat. Dabei ist er Links auf weitere Seiten gefolgt. Dort gelangt er auch an Seiten mit Vorschaubildern, den „Thumbnails“, welche teilweise kinderpornografisches Material enthalten.

Nach der Hausdurchsuchung ergibt die Auswertung der gefundenen Speichermedien des Betroffenen überwiegend erwachsenen-pornografische Bilder ohne strafrechtliche Relevanz aber eben auch Vorschaubilder zwischen 5-15 KB mit kinderpornografischem Inhalt. Die Betroffenen wissen meistens nicht, dass der Browser automatisch Dateien im Cache ablegt. Der Sachverhalt erfüllt dann rechtlich aber auch nicht den Tatbestand des § 184 b StGB, weil der Besitz unter keinem möglichen Gesichtspunkt nachgewiesen werden kann. Der Begriff des Besitzes erfordert allgemein eine vom Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft (vgl. dazu AG Saarbrücken, Urteil vom 29.07.2009 - 115 Ds 87/09).

Das Risiko eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens besteht trotzdem und bis zu dessen Abschluß ist das Ende offen. Für einen strafrechtlichen Anfangsverdacht einer Straftat nach § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften) reicht es nach Auffassung des LG Aachen wegen der kurzen Verbindungszeit allerdings noch nicht aus, wenn der Beschuldigte bei einer Internetverbindung von nur 45 Sekunden 46 Bilddateien in Form von Thumbnails auf seinen Rechner lädt (LG Aachen, Beschluss vom 8.7.2008 - 68 Qs 56/08 (AG Aachen).

§ 184b StGB ist ein Vorfeld-Delikt, bei dem solche Handlungen mit empfindlicher Strafe bedroht werden, die man im mutmaßlichen Vorfeld einer tatsächlichen Rechtsgutsverletzung verortet. Bestraft wird nach § 184b StGB schon, wer auf dem Müllhaufen des Internet kinder- oder jugendpornografische Dateien findet und anschaut. Der Täter wohlgemerkt hat real kein Kind sexuell missbraucht, aber das Anschauen von verbotenen pornografischen Bildern ist strafbar. Dass das Anschauen von verbotenen Bildern strafbar ist, ist alles andere als selbstverständlich, aber bei kinder- und jugendpornografischen Bildern jedenfalls Gesetz. Ich bin weit davon entfernt für die völlige Straflosigkeit des Besitzes oder Verbreitens von kinder- und jugendpornografischen Bildern zu plädieren, aber der materielle Unrechtsgehalt muss ohne Hysterie richtig eingeordnet werden und darf auch in der öffentlichen Darstellung nicht auf einer Stufe mit Kindesmissbrauch angesiedelt werden.

Strafverteidiger zur Strafwürdigkeit des Betrachtens von Kinderpornographie 

Wenn man sich am Zweck des Gesetzes orientiert, Kinder und Jugendliche vor Missbrauch zu schützen und den Markt für Kinderpornographie „auszutrocknen”, erscheint jedenfalls die Strafwürdigkeit des bloßen Betrachtens von Kinderpornographie im Internret fragwürdig. Das gilt erst recht für diejenigen Nutzer, die im Internet zufällig - unvorsätzlich - auf eine Seite kinderpornographischen Inhalts stoßen und diese gleich wieder verlassen. Der Gesetzgeber hat sich schlicht einem weit verbreiteten Verlangen in der veröffentlichten Meinung gebeugt und behauptet jetzt undifferenziert eine „starke mittelbare Verantwortung” des Konsumenten, der durch seine Nachfrage dazu beitragen soll, dass Kinder sexuell missbraucht werden. Bei seinem Bemühen, dem Verlangen in der veröffentlichten Meinung Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber auch ausgeblendet, dass ein unmittelbarer strafrechtlicher Schutz der minderjährigen „Darsteller” schon durch die Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung (§§ 174, 176, 176a, 176b, 177 StGB) bewirkt wird.

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